Synonyme und artverwandte Begriffe

Reizstromtherapie, Feinstromtherapie

Definition

Die Elektrotherapie arbeitet mit verschiedenen Formen der therapeutischen Stromapplikation und dient der Behandlung von Schmerzen, Muskelzerrungen, Lähmungen und kann Muskelabbau vorbeugen. In der Physiotherapie werden elektrische Ströme meist als ergänzendes therapeutisches Behandlungsmittel eingesetzt.

Überblick


Die Elektrotherapie verwendet unterschiedliche medizinische Verfahren, denen gemeinsam ist, dass Gleich- oder Wechselstrom durch den Körper fließt. Dabei werden Elektroden so auf der Hautoberfläche platziert, dass das zu behandelnde Gewebe bis in tiefe Schichten mit den jeweiligen elektrischen Strömen durchflutet werden kann. Der hohe Wasseranteil des menschlichen Körpers bildet die Grundlage für die elektrische Leitfähigkeit. Als eher schlechte Stromleiter bzw. Isolatoren gelten Fettgewebe, Haare und Hornhaut.

Je nach Indikation können unterschiedliche Stromarten zum Einsatz kommen. Grundsätzlich unterscheidet man therapeutisch nutzbare Ströme in:

  • Galvanische Ströme
  • Niederfrequente Ströme
  • Mittel- und hochfrequente Ströme

Galvanische Ströme

Galvanische Ströme sind Gleichströme, bei denen Stromstärke (I) und Spannung (U) über die gesamte Behandlungszeit gleichbleibend ist. Die maximale Stromstärke beträgt hier 100mA und die maximale Spannung 24 Volt.

Galvanische Ströme werden entweder mit sehr dicken Schwämmen lokal auf den zu behandelnden Körperbereich angelegt oder als Stangerbad, Zwei-,Drei- oder Vierzellenbad verabreicht. Die Anwendungszeit sollte 20 Minuten nicht überschreiten.

Eine Sonderform der Galvanisation bildet die Iontophorese, bei der elektrisch positiv oder negativ geladene Arzneistoffe über die Haut bis tief ins Gewebe transportiert werden können. Grundlage dieses Verfahrens bildet die Ionenwanderung beim Gleichstrom. Wirkstoffe können nicht nur in kurzer Zeit ins Zielgewebe gelangen, sondern auch ihre Wirkung um ein Vielfaches verbessern. Ein hierbei häufig eingesetzter Wirkstoff ist das Diclofenac mit seiner entzündungshemmenden Wirkung.

Niederfrequente Ströme


Zu den niederfrequenten Gleichströmen zählen die diadynamischen Ströme (50-100 Hz). Diese Ströme enthalten eine galvanische Gleichstrombasis in Kombination mit einer Impulskomponente, die sich besonders gut dazu eignet, den Gewöhnungseffekt des Körpers zu umgehen.
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) ist eine der bekanntesten Behandlungsformen in der Elektrotherapie. Es handelt sich hierbei um niederfrequente Wechselströme, deren Frequenz 10-100 Hz beträgt. TENS-Geräte sind einfach anzuwenden und für die meisten Patienten gut verträglich. Die Geräte können deshalb nach einer Einweisung vom Patienten auch zu Hause genutzt werden.

Mittelfrequente Ströme

Interferenzströme (nach NEMEC) gehören mit ihrem therapeutischen Frequenzspektrum von 4000-8000 Hz zu den mittelfrequenten Strömen. Sie bringen das zu behandelnde Gewebe bis in tiefe Schichten zum ‚wackeln‘ und verteilen auf diese Weise die Schmerzmediatoren, wodurch eine besonders gute Schmerzdämpfung erzielt wird. Interferenzströme eignen sich zudem für Patienten mit Metallimplantaten, wie z.B. einer Hüft-oder Kniegelenksendoprothese.

Was Sie bei der Behandlung erwartet

Während der Behandlung überträgt der Therapeut mit Hilfe von Elektroden elektrische Impulse auf die Hautoberfläche des Patienten. Die Elektroden werden dabei in der Nähe der schmerzenden Stellen platziert. Der Reiz selbst ist nicht schmerzhaft. Der Physiotherapeut wird anhand der ärztlichen Diagnose und seines eigenenphysiotherapeutischen Befundes eine geeignete Stromform anwenden, um das Therapieziel zu erreichen. Je nach Art des Stroms kann der Patienten während einer Behandlung mit Elektrotherapie ein geringes Kribbeln, Wärmegefühl bzw. eine leichte Rötung empfinden. Wegen ihrer sehr geringen Spannung sind die eingesetzten elektrischen Ströme für den Patienten ungefährlich.

Behandlung (Therapie)

Elektrotherapie Behandlung Berlin

Die Wirkung der Elektrotherapie setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Zu den bekannten Anwendungsgebieten zählen:

  • Durchblutungsförderung (Hyperämie)
  • Schmerzdämpfung (Analgesierung)
  • Tonusregulation der Muskulatur

Galvanisation

Eine besonders starke durchblutungsfördernde Wirkung entsteht bei der Galvanisation, auch „galvanisches Erythem“ genannt. Je nach Positionierung der Elektroden am Körper wird die Galvanisation in „aufsteigende Galvanisation“ oder „absteigende Galvanisation“ unterschieden. Eine „aufsteigende Galvanisation“ hat eine generell anregende Wirkung und wird deshalb bei hyposensiblen Störungen eingesetzt. „Absteigende Galvanisationen“ haben hingegen eine beruhigende und schmerzlindernde Wirkung und werden dementsprechend bei Neuralgien und Muskelspasmen verwendet.

Diadynamische Ströme

Mittels der niederfrequenten diadynamischen Ströme können einzelne Muskelgruppen gezielt gekräftigt werden. Elektrische Impulse lösen hierbei gezielte Muskelkontraktionen aus. Der Wechsel von Anspannungs- und Entspannungsphasen in einem bestimmten Rhythmus („Muskelpumpe“) wird z.B. zur Behandlung von schlaffen Lähmungen angewandt. Auch die gegenteilige Wirkung einer reinen Spannungsreduktion kann über bestimmte Frequenzen erzielt werden. Auch Triggerpunktbehandlungen und Nervenstammapplikationen bei Ischialgien sind möglich. Bei einer Behandlung mit diadynamischen Strömen werden meistens verschiedene Stromarten miteinander kombiniert. Die Behandlungszeit beträgt hier jedoch ca. 12 Minuten.

Transkutane elektrische Nervenstimulation

Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) eignet sich zur Behandlung von chronischen und akuten Schmerzen des gesamten Bewegungsapparates einschließlich Nervenschmerzen bei Trigeminusneuralgie oder Phantomschmerzen. Es gilt zu beachten, dass die richtige Elektrodengröße für den Behandlungserfolg ausschlaggebend ist. Die Anwendungszeit kann zwischen 20-50 Minuten betragen, unter bestimmten Voraussetzungen auch mehrere Stunden. Die Behandlungen sollten zudem mehrmals täglich durchgeführt werden.

Indikationen

  • Funktionelle Durchblutungsstörungen
  • Arterielle Verschlusskrankheit, Stadium I+II (AVK)
  • Morbus Sudeck/ Komplexes Regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
  • Muskelschmerzen / Myalgien, Muskelverspannungen
  • Nervenschmerzen / Neuralgien, Ischialgien
  • Polyneuropathie
  • Arthrosen
  • Dekubitus
  • Schlaffe und spastische Lähmungen

Kontraindikationen

Die Kontraindikationen richten sich nach der Art des verwendeten Stroms. So sind beispielsweise Körperareale mit Metallimplantaten nicht geeignet für die Gleichstromtherapie. Bei Schwangerschaft, kardiologischen Erkrankungen, Arteriosklerose oder Infektionskrankheiten ist generell von einer Behandlung mittels Elektrotherapie abzuraten.

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